Der notwendige Bewusstseinswandel
„Die Zukunft der Erde hängt von einem Wandel des Bewusstseins ab.
Die einzige Hoffnung für die Zukunft liegt in einem Wandel des menschlichen Bewusstseins, und der Wandel wird mit Bestimmtheit kommen.
Aber es ist dem Menschen überlassen, zu entscheiden, ob er an diesem Wandel mitarbeiten will oder dieser ihm durch die Kraft der zusammenbrechenden Umstände auferlegt wird.
Deshalb wache auf und wirke mit!“ (Die Mutter, CWM Vol 15, p. 60)
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„Die Umstände, unter denen die Menschen auf Erden leben, sind das Ergebnis ihres Bewusstseinszustandes. Zu versuchen, die Umstände zu verändern ohne eine Wandlung des Bewusstseins, ist eine vergebliche Bemühung. All jene, die ein Gespür für das hatten, was sein könnte und getan werden sollte, um die Situation in den verschiedenen Lebensbereichen des Menschen – Ökonomie, Politik, Soziales, Wirtschaft, Erziehung oder Gesundheit – zu verbessern, sind genau die Menschen, die ihr Bewusstsein mehr oder weniger bis zu einem außergewöhnlichen Grad entwickelt haben und sich selbst mit den höheren Bewusstseinsebenen in Verbindung brachten. Doch ihre Ideen blieben im ganzen nur Theorie; oder, wenn ein Versuch unternommen wurde, sie in die Tat umzusetzen, scheiterten sie über kurz oder lang immer kläglich: denn keine menschliche Organisation kann sich radikal wandeln, solange nicht das menschliche Bewusstsein selbst sich wandelt. Propheten einer neuen Menschheit sind einer dem anderen gefolgt, spirituelle wie soziale Religionen wurden geschaffen, ihre Anfänge waren zeitweise sehr vielversprechend. Da aber kein Wandel im Herzen der Menschen herbeigeführt wurde, traten die alten, in der menschlichen Natur begründeten Fehler allmählich wieder hervor, so dass man nach einiger Zeit feststellen musste, dass man sich noch fast an der gleichen Stelle befand, von der aus man so hoffnungsfroh und enthusiastisch aufgebrochen war. In dem Bestreben, die Lebensbedingungen zu verbessern, hat es immer zwei Tendenzen gegeben, die, obwohl sie sich scheinbar widersprachen, sich eher ergänzen und gemeinsam den Fortschritt ausarbeiten sollten. Die eine sucht eine Neuordnung der Gemeinschaft, etwas, dass zu einer effektiven Einung der Menschheit führt. Die andere erklärt, dass aller Fortschritt zuerst vom Einzelnen gemacht werden müsse und fordert, dass dem Einzelnen jene Bedingungen gegeben werden sollten, in denen er sich frei entwickeln kann. Beide besitzen die gleiche Wahrheit und Notwendigkeit und unsere Bemühung sollte von beiden Bewegungen geprägt sein. Kollektiver Fortschritt und individueller Fortschritt sind voneinander abhängig. Bevor der Einzelne einen Schritt nach vorne machen kann, ist es notwendig, dass ein ebensolcher Fortschritt im kollektiven Leben gemacht wird. Deshalb muss ein Weg gefunden werden, auf dem der zweifache Fortschritt gleichzeitig vollzogen werden kann.“ — Die Mutter (Sri Aurobindo and the Mother on Education, pp.161-62)
Die Antwort auf diese dringliche Notwendigkeit finden wir im Yoga, und zwar nicht in einem Yoga, den wir für uns allein praktizieren und lediglich auf die Yogamatte beschränken, sondern in einer gemeinschaftlichen spirituellen Bemühung im alltäglichen Leben, durch die der Einzelne und die Gemeinschaft in der Lage sein werden, für die progressive Vereinigung der Menschheit zu arbeiten und zur gleichen Zeit sich darauf vorzubereiten, jene neue Kraft zu verkörpern, die auf die Erde herabkommen ist, um diese umzuwandeln – das supramentale Bewusstsein, das Bewusstsein der Wahrheit.
Aller Drang des Einzelnen, der Gemeinschaften und der Nationen nach Rivalität und aller Kampf nach Vorrang und Vorherrschaft müssen verschwinden und dem Willen nach harmonischer Organisation weichen, nach vorausschauender und wirksamer Zusammenarbeit. Denn die ganze Weltordnung muss sich, damit sie bestehen kann und fähig ist zu leben, sowohl auf gegenseitige Achtung und gegenseitiges Verstehen unter den Nationen als auch unter den einzelnen Individuen gründen. Einzig in einer gemeinschaftlichen Ordnung und Organisation, in einer Zusammenarbeit, die sich auf gegenseitigen guten Willen gründet, liegt die Möglichkeit des Menschen, sich aus dem leidvollen Chaos zu erheben, in dem er sich jetzt befindet.
Unser normales menschliches Dasein ist vorwiegend ein vitales Leben – ein Leben, das aufgrund einer gewissen mentalen Tätigkeit ein wenig höher als das des Tieres ist. Und dennoch gibt es in uns ein sehnsuchtsvolles Streben nach etwas, das darüber hinausgeht. Diese tiefe Sehnsucht wird aber von den Religionen und den „alten“ traditionellen spirituellen Systemen als etwas für das diesseitige Leben Sinnloses eingeengt. Sie konzentrieren sich auf ein Leben nach dem Tod ohne eine Wiederkehr auf diese Erde. Deshalb bleiben die Dinge hier so wie sie sind. Über diese Beschränkung gelangen tatsächlich nur Wenige hinaus. Jene besitzen das Wissen oder haben zumindest eine leise Ahnung, dass die Erde und das irdische Leben eine Bedeutung haben – dass sie der Schauplatz einer göttlichen Offenbarung ist, das Werden einer Gottheit, wie Sri Aurobindo es formuliert hat: „Das Erdenleben ist die auserwählte Heimstatt einer mächtigen Gottheit, deren Wille seit Äonen darauf gerichtet ist, es aus einem finsteren Gefängnis in ein prächtiges Schloss und einen hoch zum Himmel strebenden Tempel zu verwandeln.“ Diese Wenigen, die spüren, dass sie zu der gegenwärtigen Stunde Zeuge einer Neuen Geburt auf Erden und bereit sind, dabei mitzuarbeiten, wissen aber, dass niemand über sein Menschsein hinauswachsen kann, solange er sich weigert, sein Ego zu opfern – denn „Menschsein“ bedeutet ein vitales, animalisches Ego, das durch ein wenig äußerliches Denken und Wissen mentalisiert ist. Solange uns das befriedigt, werden wir menschlich bleiben. Das Göttliche selbst muss den Platz des Egos einnehmen. Selbsthingabe an das Göttliche, an die Göttliche Mutter, ist der Weg, und auf diesem Weg gibt es drei Hindernisse:
1. Die gewohnten Impulse, Empfindungen und Vorstellungen, die von den Dualitäten bestimmt sind – Hunger und Durst, Hitze und Kälte, körperliche Lust und Schmerz, Erfolg und Misserfolg, Sieg und Niederlage, Vergnügen und Missvergnügen, Freude und Kummer, Hass und Liebe, Tugend und Sünde, Vernunft und Unvernunft, Irrtum und Wahrheit.
2. Das daraus resultierende Sehnen und Verlangen nach den Dingen.
3. Der Egoismus.
Nur durch ein vollkommenes Wissen können wir über diese Dinge Herr werden, nämlich durch die Erkenntnis, die Gott in allen Dingen schaut und dadurch zu verstehen, in welcher Beziehung die Dinge in Seinem großen kosmischen Plan zueinander stehen.
Ferner ist eine vollkommene Liebe zu Gott nötig, die alle Dinge mit Freude annimmt und auf diese Weise die Gegensätze aufhebt, da sie alle aus der Hand des Geliebten kommen.
Schließlich überwinden wir die Gegensätze durch ein vollkommenes Handeln, indem wir das gesamte Wirken Gott als ein Opfer darbringen und dabei diese Dualitäten völlig gleichmütig annehmen: Erfolg oder Misserfolg, Ehre oder Schande, die ständigen Begleiter von jeglichem Handeln.
Ein solches Wissen, eine solche Liebe und ein solches Handeln entstehen schließlich ganz von selbst, wenn wir uns entschieden haben, uns Gott ganz zu geben, und wenn wir das alles auch praktizieren.
Die Umsetzung erfolgt durch die Sadhana eines ganzheitlichen Yoga, der den Jnana-Yoga (Yoga des Wissens), den Bhakti-Yoga (Yoga der Hingabe) und den Karma-Yoga (Yoga des Wirkens) harmonisch in einer Synthese vereint.
Was immer wir auch tun im gesellschaftlichen Leben, die Aufgabe, der wir uns stellen, ist nicht von politischer, intellektueller, philosophischer, religiöser, moralischer und sozialer Art sondern von spiritueller Art. Wir werden uns nicht der Politik, den sozialen Fragen, der Theologie, Literatur, Naturwissenschaft oder dem Sport für sich allein widmen, sondern wir nehmen sie als Teil einer spirituellen Disziplin, der wir die größte Bedeutung beimessen: dem Integralen Yoga.
Wir müssen umkehren und die Quellen von Leben und Kraft in uns selbst entdecken. Wir müssen unsere Vergangenheit kennen und sie für den Zweck unserer Zukunft zurückgewinnen. Unsere Aufgabe ist es, uns selbst zuerst zu erkennen und alles nach dem Gesetz des Yoga zu formen. Wir müssen Yoga zum Ideal unseres Lebens machen. Denn durch Yoga werden wir die Kraft erlangen, unsere wahre Freiheit, Einheit und Größe zu verwirklichen, durch den Yoga werden wir die Kraft bewahren, sie zu erhalten. Eine spirituelle Revolution ist es, die wir anvisieren müssen.
Doch es ist eine stille Revolution. Der Yoga Sri Aurobindos und der Mutter ist eine solche stille Revolution – keine Predigt, keine Propaganda. Ein Sadhak in diesem Yoga steigt in seiner Verwirklichung von Gipfel zu Gipfel, still wie die aufgehende Sonne.
So wie die Seele im Tiefschlaf leise erwacht, so erwachen Sri Aurobindo und die Yoga-Shakti der Mutter unaufhörlich in den Tiefen unseres Bewusstseins und arbeiten wachsam daran, leise eine verborgene Tür nach der anderen in unserem Bewusstsein zu öffnen. Irgendwann erkennen wir, dass wir nicht mehr derselbe Mensch sind wie zuvor. Wir sind ein neuer Mensch geworden, mit einem neuen Bewusstsein. In unserem Leben gibt es äußerlich keinen Lärm, kein lautes Geschrei, aber innerlich hat sich unser ganzes Wesen umgekehrt, auf den Kopf gestellt. Der Yoga der Mutter und Sri Aurobindos haben in aller Stille unser inneres Selbst erbaut und neu erschaffen.
Dieses Neuerschaffen hat drei Stufen – Involution, Revolution und Evolution. Die erste Stufe ist die Herabkunft des höheren Bewusstseins und der höheren Kraft in das innere Bewusstsein des Menschen und der Gesellschaft. Dann beginnt ein Durcheinander, ein innerer Aufruhr, der eine Revolution auslöst. Nach dem Herabsteigen der supramentalen Kraft und des supramentalen Bewusstseins auf die Erde erlebten wir überall einen ungeheuren Aufruhr, einen zerstörerischen, ruinösen und verheerenden Zustand im Menschen, in der Gesellschaft und in den Staaten, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Diese Involution und Revolution dauerte an. Jetzt beginnt eine Evolution – eine stille spirituelle Evolution.
Sri Aurobindo sagte, dass die Menschheit in der Vergangenheit viele Arten von Revolutionen erlebt hat – soziale Revolutionen, politische Revolutionen und religiöse Revolutionen. Es gab Konflikte, Blutvergießen, Kriege und Zerstörung. Aber der Zustand des menschlichen Lebens ist fast derselbe geblieben.
Die menschliche Zivilisation wartet auf die vierte und letzte Revolution, die spirituelle Revolution. Das Göttliche Bewusstsein mit der spirituellen Kraft wird weiterhin still und universell wirken. Die göttliche Kraft bewegt sich in der Menschheit von Geist zu Geist und schafft eine Revolution. In jedem Leben geht diese stille Revolution weiter, so unausweichlich, so unfehlbar, dass sie sich jetzt international, national und individuell vollzieht. Niemand kann mehr mit Sicherheit sagen: Was bin ich jetzt, was werde ich im nächsten Augenblick sein? Was ich heute bin, weiß ich nicht, was werde ich morgen sein? Sri Aurobindo hat es gesagt: „Es ist die Stunde Gottes“ ... „es ist die Stunde des Unerwarteten“.
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„Der Jugend gehört diese Zukunft. Es ist eine junge und neue Welt, die sich jetzt entwickelt, und es ist die Jugend, die sie schaffen muss. Aber es ist auch eine Welt der Wahrheit, des Mutes, der Gerechtigkeit, des edlen Strebens und der geradlinigen Erfüllung, die wir schaffen wollen. In der Zukunft dieser Bewegung ist kein Platz für den Feigling, für den Egoisten, für den Schwätzer, der zuerst vorprescht und dann seine Mitmenschen im Stich lässt. Eine tapfere, offene, aufrichtige, mutige und strebsame Jugend ist das einzige Fundament, auf dem die ... Zukunft aufgebaut werden kann.“
Sri Aurobindo
„Eine neue Welt, die auf Wahrheit gegründet ist und die alte Sklaverei der Falschheit zurückweist, will Geburt annehmen.
In allen Ländern gibt es Menschen, die das wissen, ja dies fühlen.
Ihnen rufen wir zu: „Wollt ihr mitarbeiten?“
Die Mutter
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